Veganuary 2023 in der Recovery – solltest du mitmachen?

Der Veganuary, welcher auf Deutsch Veganuar heißt, ist eine globale Kampagne einer gleichnamigen Organisation, welche weltweit Menschen dazu ermutigen mochte, im ersten Monat des Jahres vegane Ernährung auszuprobieren. Vor allem in den sozialen Medien ist der Trend weit verbreitet und übt regelrecht Druck auf Nicht-Veganer aus, sich wenigstens einen Monat lang komplett vegan zu ernähren. Wie sehe ich den Veganuary 2023 auf den Blick auf die Personen, welche aktuell von einer Essstörung genesen? Ist es empfehlenswert, den Trend mitzumachen? Und wie kannst du den Veganuary 2023 vielleicht auch in einer mehr hilfreicheren und effektiveren Art und Weise für dich nutzen?

Im Januar 2022 haben sich rund 629.000 Personen aus 228 Ländern für die Campagne des Veganuary eingetragen und versucht sich einen Monat lang Vegan zu ernähren. Vor allem hat der Veganuary auch wirtschaftliche und kommerzielle Vorteile für Vegane Unternehmen - vor allem in diesen Monaten werden oftmals neue Produkte gelauncht und von Sinnfluencern und Foodfluencern beworben. Der Grundgedanke hinter dem Veganuary ist, Veganismus mehr und mehr in der Gesellschaft zu verbreiten und damit die Umwelt zu schützen, indem Menschen im ersten Monat des Jahres unterstützt und dazu empowert werden, die Vegane Ernährung auszuprobieren.

Darum geht es hier

Gründe für eine vegane Ernährung

Immer mehr Menschen entscheiden sich dazu, sich vegetarisch oder sogar vegan zu ernähren. Bestimmt kennst du auch selbst eine Freundin/einen Freund oder andere Bekannte, die sich entsprechend dieser Konzepte ernähren. Beim Vegetarismus wird auf Fleisch und Fisch verzichtet, beim Veganismus zusätzlich keine Milchprodukte, keine Eier, kein Honig, keine Gelatine, usw. Die Gründe hierfür können verschieden sein:

  • Ethische Gründe
  • Gründe des Umweltschutzes
  • “gesundheitliche” Aspekte
  • Geschmackspräferenzen
  • Tierleid nicht unterstützen
  • CO2-Fußabdruck verringern

Dies sind nur einige Bewegungsgründe, warum sich vielleicht jemand Vegan oder Vegetarisch ernährt. Prinzipiell kann auch allen Punkten zugestimmt werden (wobei ich anmerken möchte, dass man bei dem Aspekt “Gesundheit” vorsichtig sein muss, denn wir können nicht alle Menschen über einen Kamm scheren, und manche Personen kommen mit einer Veganen Ernährung schlechter zurecht oder entwickeln auf lange Sicht Defizite).

Warum ich mich NICHT vegan ernähre

Warum ich mich in der Regel Vegetarisch ernähre ist einfach: Ich finde die Konsistenz und den Geschmack von Fleisch unglaublich unangenehm – schon als Kind war ich da etwas schwierig. Mittlerweile ist der Gedanke auf dem Fleisch eines toten Tieres rumzukauen einfach merkwürdig. Finde es aber voll in Ordnung, wenn andere Fleisch essen. Allerdings möchte ich meine Ernährung nicht “labeln”, denn wenn ich mal das Bedürfnis haben sollte, Fleisch zu essen, dann mache ich das auch. Hin und wieder gibt es bei uns außerdem auch mal Fisch (ja, bei Fisch habe ich weniger Probleme mit dem toten Tier – keine Ahnung :D). 

Ich ernähre mich bewusst nicht ganz vegan, weil ich dies aktuell noch als zu sehr einschränkend wahrnehmen würde. Bei uns gibt es noch immer nicht in allen Cafes vegane Milchalternativen, geschwiege denn Backwaren. Auch wenn ich bei Freunden bin, gibt es nicht immer eine vegane Option. Mit meinem Hintergrund der Essstörung, möchte ich es noch nicht wagen, mein Essen in dieser Hinsicht einzuschränken, denn es könnte schnell weitere essgestörten Gedanken auslösen. Für mich ist mich nicht Vegan zu ernähren also auch eine Art Selbstfürsorge.

Wir brauchen nicht tausend Menschen, die Umweltschutz, usw perfekt machen, sondern Millionen, die ihr Bestes geben.

Die Gefahr des Veganismus in der Recovery

Die Frage, ob Veganismus in der Recovery möglich und sinnvoll ist, ist eine wichtige Frage. Während der Genesung von einer Essstörung sollte der Fokus darauf liegen, nicht nur das Gewicht wieder herzustellen, sondern sich auch bedingungslose Erlaubnis zum Essen zu geben. Oftmals haben Betroffene den Gedanken: “Wenn ich zunehme, dann möchte ich es aber mit “gesunden” Lebensmitteln machen.”. Vor allem der Vegetarismus und Veganismus scheinen dieses Vorhaben zu unterstützen. 

In dem Gedanken “nur gesund essen” zeigt sich eine deutliche Tendenz zur Orthorexie, die essgestörten Verhaltensweisen (Restriktion, Kompensation, …) werden durch andere essgestörten Verhaltensweisen ersetzt (Clean eating, pflanzliche Ernährung, hptsl. Obst und Gemüse, Kraftsport, exzessive Yoga-Praxis,… Der Veganismus ist also oftmals nur eine Ausrede, um sich wieder einzuschränken – nur eben auf eine mehr gesellschaftlich akzeptierte Art und Weise. Auf lange Sicht wird dich das aber nicht von deinem Food Fokus und deiner Essstörung befreien.

Sei ehrlich zu dir - auch wenn du beispielsweise bereits vor der Essstörung vegan gegessen hast, dann hinterfrage, was damals tatsächlich deine Absichten waren. Oftmals ist die Entscheidung, sich vegan zu ernähren, bereits mit einem gestörten Essverhalten und einer Körperunzufriedenheit verwoben. Ich persönlich würde dir empfehlen erst Frieden mit allen Lebensmittelarten zu schließen und nach einiger Zeit nach und nach - wenn du es aus ethischen oder Umwelt- oder anderen nicht Körperbezogenen Aspekten - dich an den Vegetarismus/Veganismus heranzutasten.

Ideen für dein Recovery-freundlicher Veganuary 2023

Auch wenn ich mich persönlich (noch) nicht vegan ernähre, finde ich die Grundidee und die Absicht dahinter, die Umwelt und die Tiere zu schützen, schön und wichtig. Allerdings, wie ich bereits weiter oben genannt habe, brauchen wir nicht tausend Menschen, die es perfekt machen, sondern Milliarden an Menschen, die ihr bestes geben. Hier sind also ein paar Ideen – die ich im Alltag tatsächlich auch so umsetze, die du im Veganuary 2023 umsetzen könntest – wenn es sich für dich nicht restriktiv anfühlt und nicht deine Essstörung füttert. Sei da bitte ganz ehrlich zu dir. Es ist gar nicht verwerflich, wenn du sagst, es fühlt sich für dich nicht sicher an. Die mentale Gesundheit geht vor.

  • frage in Cafe´s, … nach einer veganen Milchalternative. Falls es keine gibt, dann erlaube dir aber auch, die normale Version zu nehmen. Allein schon, dass du nachfragst und dein Interesse bekundest, förderst du, dass einige Cafés auf lange Sicht vegane Optionen einführen.
  • wenn du Kosmetikprodukte oder Hygieneartikel benötigst, schau mal bei den Regalen mit den Naturkosmetikprodukten vorbei. Probiere festes Shampoo, Rasierhobel, Perioden-Panties, Diva-Cups, … aus,  oder schraube deinen Konsum allgemein etwas herunter
  • probiere hin und wieder ein veganes Rezept aus. (Vegan ist aber nicht gleichzusetzen mit den Rezepten, denen das Label “gesund” oder “zuckerfrei” oder “clean” aufgedrückt wird. Nimm ein ganz normales Rezept, so als würde deine Oma kochen – aber eben in vegan.
  • Probiere aus, welche vegane Milchalternative dir am besten schmeckt. Ich persönlich liebe Hafermilch und Erbsenmilch 🙂
  • lerne verschiedene Dinge selbst zu machen. Beispielsweise Trockenshampoo, Haaröl, Nussmus, Gemüsebrühe, Brotaufstriche, Saucen und Dips, usw.
  • kaufe mehr saisonales Gemüse – ja, zugegebener Maßen ist das im Januar etwas schwierig in den Mitteleuropäischen Breitengraden, aber weißt du eigentlich, woher die Beeren, Kiwis, Zucchinis, usw. kommen und welchen Fußabdruck sie bereits mitbringen? Sich dessen bewusst-werden ist schon ein großer Schritt.

Viele kleine Schritte, sind viel sinnvoller als von heute auf Morgen sein gesamtes Konsumverhalten umkrempeln zu wollen.

Wie du dich von dem Druck, dich Vegan zu ernähren abgrenzen kannst

Vielleicht stellst du dir die Frage, warum du mit diesem Thema so vorsichtig sein sollst, und nicht wie andere einfach einmal einen Monat lang auf tierische Produkte verzichten kannst. Doch erinnere dich daran, dass du einen besonderen Hintergrund mitbringst. Vor allem, wenn du noch in der Recovery bist, oder noch nicht allzu lange genesen bist, sind Ernährung und Sport vulnerable Themen. Essstörungen sind heimtückisch und vermögen sich eventuell zurück in dein Leben zu schleichen, ohne dass du dir darüber anfangs bewusst bist. 

Vielleicht ist jetzt für dich einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt, deine Ernährung umzustellen. Das ist okay – es gibt viele kleine Wege, wie du zum Klimaschutz beitragen kannst und im Veganuary 2023 teilnehmen kannst, ohne deine Recovery zu gefärden. Wenn du dich aus nicht essgestörten Gründen für den Veganismus entscheiden solltest, dann wird das auf natürliche Art und Weise passieren, denn wenn du dir bedingungslose Erlaubnis zum Essen gibst, dann greifst du zu dem Essen, das dich physisch, emotional und mental am Besten fühlen lässt. Geh lieber kleine Schritte.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner